Stadt schlägt neues Domizil vor – Verein International ist verärgert

Von Daniel Salmon

BÜNDE (WB) Der Verein International ist sauer: Er soll aus dem bislang für seine Arbeit genutzten Dietrich-Bonhoeffer-Haus in der Bünder Innenstadt aus- und ins sogenannte Community-Center nach Hunnebrock einziehen. 

Das ist zumindest die Idee der Stadt. „Da seitens des Vereins keine Mitteilung über einen zukünftigen Standort für die Fortführung der Vereinsarbeit vorliegt, schlägt die Verwaltung vor, dem Verein International e.V. Räume im Community-Center an der Kleiststraße für die Dauer der Nutzung, spätestens ab Juli dieses Jahres, unentgeltlich zur Verfügung zu stellen“, heißt es in einem Beschlussvorschlag für den Sozialausschuss, der am 12. Juni tagt. 

Die Weitergewährung des Mietzuschusses für die Anmietung der Räume im Bonhoeffer-Haus könne somit ab Juli entfallen, meint man im Rathaus. 

Wie mehrfach berichtet, war ein künftiges Domizil für den Verein, der vor allem in der Flüchtlingsarbeit aktiv ist, des Öfteren Thema bei Politik und Stadt. Denn: Perspektivisch will die Evangelische Lydia-Kirchengemeinde das in die Jahre gekommene Boenhoeffer-Haus abreißen, auf dem Areal ein neues Gemeindezentrum errichten. 

In der März-Sitzung des Sozialausschusses hatten die Lokalpolitiker den Ehrenamtlern 1200 Euro als Sockelbetrag zur Finanzierung der Flüchtlingsarbeit für 2024 gewährt. Dazu kamen 2000 Euro Mietzuschuss pro Quartal fürs Bonhoeffer-Haus – allerdings begrenzt bis zum dritten Quartal dieses Jahres. 

Mit dem Vorstoß aus dem Rathaus sind Verein-International-Chef Ulrich Papke und seine Mitstreiter nicht einverstanden. In einer Stellungnahme melden sie sich zu Wort. Man sei verwundert, heißt es. „Im März hatte der Sozialausschuss noch mehrheitlich beschlossen, den Zuschuss für die Nutzung des Bonhoeffer-Hauses, das demnächst abgerissen werden soll, bis einschließlich September 2024 zu gewähren. Ursprünglich hatte sich der Verein eine Unterstützung bis längstens zum Jahresende gewünscht, bzw. solange das Gebäude noch steht. Das entsprach auch dem Wunsch der Lydia-Gemeinde als Eigentümer“, so Papke. 

Im Protokoll der März-Sitzung sei allerdings ein Vorbehalt aufgenommen worden: „Sollten andere Entwicklungen im Bereich der Nutzung des Dietrich-Bonhoeffer-Haus bekannt werden, werden diese Gegenstand der Ausschusssitzung am 12. Juni.“ Der Verein fragt sich nun, ob es „andere Entwicklungen“ gebe, die ihm nicht bekannt seien und auf die in der Verwaltungsvorlage auch nicht eingegangen wird. 

Eine aktuelle Rücksprache mit der Kirchengemeinde hat ebenfalls keine neue Entscheidungsgrundlage ergeben. Die Empfehlung zur Eingrenzung der finanziellen Förderung steht auch im Widerspruch zu einem Bescheid vom 16. Mai des Jahres“, moniert der Vereinsvorsitzende. Denn darin sei mitgeteilt worden, dass die Stadt der „Gewährung eines Mietzuschusses bis zum Ende des dritten Quartals 2024 in Höhe von 2000 Euro pro Quartal“ entspreche. 

Ist der Verein noch erwünscht? 

Papke betont: „Der Verein International hat seit seiner Gründung im Jahr 1987 mehrfach seinen Vereinssitz wechseln müssen, zuletzt wegen des Umbaus des ehemaligen Jugendheims Ennigloh in eine Kindertagesstätte. Seit Bekanntgabe der Abrisspläne zum Bonhoefferhaus ist der Verein auf der Suche nach einem neuen Domizil. Alle Bemühungen bei privaten Anbietern, auch unter Mithilfe des Stadtmarketing, waren bislang leider negativ.“ 

Stattdessen verweise das Bünder Sozialamt seit mehreren Jahren auf Nutzungsmöglichkeiten in den beiden städtischen Welcome-Centern an der Behring- und an der Kleiststraße. „Diese wurden von uns auch bei Ortsterminen in Augenschein genommen, aber als nicht geeignet bewertet.“ Bis jetzt, so behauptet Papke, liege dem Verein kein konkretes Angebot vor, welche Räumlichkeiten zu welchen Tageszeiten und mit welchem Verwendungszweck für die Vereinstätigkeit zu nutzen wären. 

Angesichts dieser Faktenlage stellt sich für den Verein inzwischen die Frage, ob die ehrenamtliche Begleitung von Geflüchteten und deren Integration in die Stadtgesellschaft im bisherigen Umfang noch gewünscht wird“, meint Ulrich Papke abschließend.

 

 

Kundgebung gegen Faschismus im Steinmeisterpark

Von Anika Tismer

BÜNDE (WB) Unter dem Motto „Schulter an Schulter gegen Faschismus“ sind am Samstag mehr als 100 Menschen zusammengekommen, um ein klares Zeichen zu setzen. Bereits zum dritten Mal innerhalb weniger Monate hatte es eine solche Protestaktion in Bünde gegeben. Im Steinmeisterpark setzten sich die Teilnehmer für Toleranz und Solidarität ein, dieses Mal mit einem klaren Blick in Richtung Europawahlen und dem damit verbundenen Aufruf, wählen zu gehen. 

Die Angriffe auf Politiker haben in den vergangenen Wochen massiv zugenommen. Dagegen müssen wir etwas tun“, erklärte Emma Rohwetter von der Villa Bünde, die auch dieses Mal die Moderation übernommen hatte. Gemeinsam mit dem Bündnis gegen Rechts hatte sie die Veranstaltung organisiert und zahlreiche Redner auf die Bühne geholt. „Schulter an Schulter gegen den Faschismus und für eine solidarische Gesellschaft“ war ihr Appell an die Anwesenden. 

Nancy Partzsch von der Initiative 9. November war die Erste, die dazu das Wort ergreifen durfte. Sie mahnte insbesondere in Bezug auf aktuelle Geschehnisse: „Bünde ist nicht Sylt und darf es auch nicht werden“. Ihre Aufforderung an die Teilnehmer: „Wir dürfen nicht schweigen angesichts dessen, was geschieht“. 

Ähnlich deutliche Worte fand Siegfried Thüte, der stellvertretend für den NABU und die Initiative „Parents4Future“ Stellung bezog. „Ich stehe hier, weil ich ein Erstarken der AfD verhindern will“, erklärte er. 

Ulrich Papke vom Verein International Bünde forderte die Menschen auf, aktiv zu werden. „Auch in einer Demokratie wird Politik nicht nur von den Politikern gemacht. Jeder Einzelne ist mitverantwortlich. Deshalb kämpfen wir für eine offene Gesellschaft und ein friedliches Miteinander“, erklärte er.

Kundgebung wird von Live-Musik begleitet

Für Andrea Sen, die nicht nur mit Worten, sondern auch mit musikalischen Beiträgen auf die Bühne trat, zähle momentan vor allem der Kampf dafür, zu erhalten, was in Deutschland jahrelang aufgebaut worden sei, sagte sie. „Wir wollen unseren Kindern ein solidarisches Deutschland hinterlassen und die Möglichkeit, dass ihnen ganz Europa offensteht“, betonte das Mitglied der alevitischen Gemeinde Bünde. Wie gut ein Miteinander der Kulturen funktionieren kann, präsentierte sie gemeinsam mit weiteren Musikern der Gemeinde. 

Den Worten anschließen konnte sich Hussein Khedr, stellvertretender Bundesvorsitzender der AG Migration und Vielfalt in der SPD: „Es ist entscheidend, dass wir gegen jede Form von Hass, Gewalt und Ausgrenzung vorgehen“, erklärte er. Sein Appell an die Anwesenden: „Wir kämpfen weiter, wir gehen wählen, wir gehen keinen Millimeter nach rechts.“ 

Ihm folgte DGB-OWL-Regionsgeschäftsführerin Clea Stille: „Wir dürfen dieses braune Gedankengut gar nicht erst zulassen. Wir gehören alle zusammen“, betonte sie. Nur für die Anhänger rechtsextremer Parteien dürfe es in diesem Land keinen Platz geben. Dass seit Anfang des Jahres so viele Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen seien, sei deshalb ein wichtiges Zeichen. „Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagte sie. 

Abschließende Worte fand Katja Okun-Wilmer, die stellvertretend für die evangelische Lydia-Gemeinde und die katholische Gemeinde St. Joseph in Bünde auf die Bühne trat. Sie formulierte, worauf es in einer vielfältigen Gesellschaft eigentlich ankomme: „Einen Menschen macht aus, dass er lachen und weinen darf, dass er Sinn schafft und glücklich ist“, sagte sie. „Wir alle sind Menschen, nicht mehr und nicht weniger und alle einzigartig“, schloss sie ihre Rede zum Ende der Veranstaltung ab.

 

 

 

 

 

Trotz des bevorstehenden Abrisses nutzt der Verein das Dietrich-Bonhoeffer-Haus weiter für seine Arbeit. Das stößt vor allem bei der CDU auf Unverständnis – denn laut Verwaltung gibt es eine Alternative.

Von Shannon-Lee Bendig

Bünde. Die finanzielle Förderung des Verein International sorgte in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Soziales und Integration für Diskussionen. Der Verein, der sich für die Integration von Geflüchteten einsetzt, hatte die Fortsetzung der finanziellen Unterstützung für 2024 bei der Stadt beantragt. „Zum einen geht es dabei um den jährlichen Sockelbetrag von 1.200 Euro, der bereits in den Vorjahren regelmäßig aus der Stadtkasse gezahlt wurde“, heißt es in dem Antrag.

Zum anderen hatte der Verein die Stadt ebenfalls gebeten, die Nutzungskosten des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses an der Wehmstraße zu übernehmen. Die Räumlichkeiten, die der Lydia-Gemeinde gehören, dienen zurzeit als Vereinssitz. Ihre Nutzung kostet laut Aussage des Vereins 2.000 Euro im Quartal. Insgesamt ging es also um eine Summe von 9.200 Euro, die der Verein bei der Stadt beantragt hatte.

Dafür gab es Gegenwind von der CDU-Fraktion. Insbesondere wegen der Nutzung des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses. Wie mehrfach berichtet, soll das bald abgerissen werden. Jüngst hatte Rainer Alexander, Baukirchmeister der Lydia-Gemeinde, gegenüber der NW gesagt, dass sich der Abriss auf Anfang 2025 verschiebe. In der Sitzung des Sozialausschusses sagte Ulrich Papke, Vorsitzender des Verein International, hingegen, ihm sei mitgeteilt worden, dass im August/September dieses Jahres mit dem Rückbau begonnen werde.

Wegen des bevorstehenden Abrisses wurde der Verein im Februar 2023 vom Sozialausschuss beauftragt, sich um einen neuen Vereinssitz zu bemühen. „Wir haben uns vergangenes Jahr geeinigt, dass die Förderung letztmalig ist“, sagte Michael Meise-Reckefuß (CDU) in der Sitzung. Man habe erwarten können, dass der Verein in der Zwischenzeit eine Lösung gefunden hat „und nicht jetzt im März den Antrag für 2024“ stellt.

Laut Papke seien die Bemühungen um einen neuen Vereinssitz allerdings erfolglos geblieben, weshalb sie das Dietrich-Bonhoeffer-Haus weiterhin nutzen müssten – bis zum Abriss. „Bisher sind die Kosten dafür aber nicht gesichert“, sagte Papke in der Ausschusssitzung. Lediglich die Kosten für das erste Quartal habe der Verein tragen können.

Laut Verwaltung ist der Verein nicht auf die Räumlichkeiten der Lydia-Gemeinde angewiesen. „Nach wie vor besteht die Möglichkeit, die Räume im Community-Centre in Hunnebrock zu nutzen“, schrieb die Verwaltung in den Unterlagen zur Sitzung. „Die Alternative gibt es schon immer. Da gibt es zwei Schulungsräume. Der Verein würde nicht obdachlos werden“, ergänzte Stefan Bohnhorst, Sozialamtsleiter, in der Sitzung.

Papke zufolge sind die Räumlichkeiten im Community-Centre an der Kleiststraße als Vereinssitz ungeeignet. „Wir brauchen auf jeden Fall einen Büroraum, der auch für vertrauliche Gespräche genutzt werden kann“, sagte er. Der dafür vorgesehene Raum im Community-Centre sei mit seinen elf Quadratmetern zu klein dafür, da dort auch Kopierer und Equipment Platz haben müssten.

Außerdem, so Papke, könne der Verein seine Fahrradwerkstatt an der Kleiststraße nicht betreiben. Dort reparieren und lagern die Vereinsmitglieder Fahrräder für Bedarfssuchende. Im Community-Centre sehe Papke keine Lagerungsmöglichkeit. Stefan Bohnhorst warf ein, dass dort allerdings Garagen frei seien, die der Verein dafür nutzen könnte.

„Man kann über das Für und Wider sicherlich diskutieren“, sagte Christian Rüter (SPD). „Man kann aber auch sagen, dass Situation des Vereins endlich ist“, ergänzter er und bezog sich damit auf den bevorstehenden Abriss des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses. Der Verein könne seinen aktuellen Sitz nur noch in diesem Jahr nutzen. „Wir sprechen also über eine Zeit, die überschaubar ist“, sagte Rüter. Dennoch seien die 2.000 Euro Förderung pro Quartal für die SPD-Fraktion „die Oberkante“.

Dem schloss sich die Grünen-Fraktion an. „Der Verein bemüht sich ja um eine neue Örtlichkeit“, sagte Christian Kowalewsky (Grüne). SPD und Grüne stimmten schließlich dem Antrag zur Förderung bis zum dritten Quartal dieses Jahres zu. Die Mitglieder der CDU-Fraktion enthielten sich mehrheitlich. Zudem gab es drei Gegenstimmen. Die weitere Förderung des Vereins ist damit zunächst gesichert. „Sollte es andere Entwicklungen geben in Bezug auf Bonhoeffer-Haus, werden wir die in der Sitzung im Juni nochmal besprechen“, so Oliver Uhlich.

 

Im Kulturausschuss wurden drei unterschiedlich teure Varianten diskutiert. Ein Vorschlag gewann schnell an Zustimmung.

Von Celina Allard

Spenge. Die Franziska-Spiegel-Gedenkstätte wird eine neue Gedenktafel bekommen. Das hat der Spenger Kulturausschuss nun entschieden.
Zur Auswahl standen drei mögliche Platten, die Ausschussmitglieder haben sich für eine etwas abgeänderte Variante entschieden. 

Anfang November des vergangenen Jahres wurde die Gedenkstätte der ermordeten Jüdin im Hücker Holz geschändet. Die Bronzeplatte, die an Franziska Spiegel erinnert hatte, wurde gestohlen und ist seitdem nicht wieder aufgetaucht. Der Rest der Gedenkstätte ist mittlerweile wieder hergerichtet worden. Jetzt soll auch eine neue Platte her.

„Wir sind davon ausgegangen, dass wir die Gedenkstätte genauso wieder herstellen, wie sie vorher war“, sagt Natascha Gräfe, zuständige Fachfrau in der Verwaltung. „Dann haben wir uns aber erschrocken, als wir die Preise gesehen haben.“ Die Neuanfertigung einer Platte aus Bronze mit einem geraden Rand würde die Stadt etwa 2.400 Euro kosten, mit einem gewölbtem Rand sogar um die 2.850 Euro. Als Alternative für die Bronzeplatte schlägt die Stadtverwaltung eine Platte aus Edelstahl vor, die nur etwa 1.000 Euro kosten soll. 

Tat könnten auch Metalldiebe begangen haben

Gräfe gibt im Ausschuss zu bedenken, dass das Motiv hinter der Schändung nicht abschließend geklärt werden konnte. „Man kann davon ausgehen, dass es eine antisemitische Tat war“, sagt sie im Ausschuss. Immer wieder käme aber auch die Vermutung auf, dass die Diebe an der Bronzeplatte interessiert waren. „In dem Fall würde es keinen Sinn machen, die Gedenkstätte wieder so herzustellen.“

Katharina Hartwig von der CDU-Fraktion sagt dazu: „Ich finde es schwierig, bei dem Thema über Preise zu diskutieren. Für mich persönlich sieht die Edelstahlplatte aber auch wertig aus, darum könnte ich mit der Edelstahlplatte gut leben.“ Wenn dadurch der Anreiz verschwinde, dass Metalldiebe die Platte erneut entwenden, sei die Edelstahltafel eine gute Alternative. 

Aus der SPD-Fraktion kommt der Vorschlag, die Edelstahlplatte zu bronzieren, damit die Platte an Eleganz gewänne.
Letztendlich sind mit dem Vorschlag alle einverstanden. So beschließt der Kulturausschuss, die dritte Variante durchzuführen und eine Edelstahlplatte mit gleicher Inschrift anzuschaffen. Die Platte soll bronziert werden, mit verdeckter Verschraubung. Außerdem soll die Platte eine gut sichtbaren und kontrastreiche Schrift bekommen. Die Stadtverwaltung vergibt jetzt den Auftrag, heißt es in den Sitzungsunterlagen.

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Information:
Standort verlegen?

Nach der Abstimmung über die Gedenktafel verliest Ratsfrau Ursula Wiemann von der CDU noch ein paar Gedanken, die ihr zur Franziska-Spiegel-Gedenkstätte aufgekommen sind: „Die wiederholte Schändung geht uns allen sehr nahe. Es ist nicht nachvollziehbar, dass eine Erinnerung immer noch Menschen verleitet, die Erinnerungskultur zu stören.“
Um es möglichen künftigen Vandalen schwerer zu machen, könne sie sich vorstellen, die Gedenkstätte an einen öffentlicheren Ort zu verlegen, zum Beispiel auf einen Friedhof. Dadurch könne die Kontrolle einfacher werden. „Vielleicht wird so eine Hemmung aufgebaut, dass man erwischt werden könnte“, sagt Wiemann. Ein Antrag solle das nicht sein, lediglich ein Denkanstoß. (cea)

 



 

500 Menschen bei Demo gegen Rechtsextremismus – Kirchenvertreter verlesen Grundsatzerklärung

Von Daniel Salmon

BÜNDE (WB). Die Sonne lacht vom Himmel, es sind 15 Grad, in der Bünder City essen Passanten Eis - und mehr als 500 Menschen demonstrieren gegen Faschismus und Rechtsextremismus. 

Nur zögerlich füllt sich am Samstagmittag der Tönnies-Wellensiek-Platz inmitten der Innenstadt. Kaum mehr als 50 Männer und Frauen haben sich gegen 11.45 Uhr auf der großen Fläche vor der dortigen Sparkassen-Filiale eingefunden. Doch das soll sich rasch ändern. 20 Minuten später ist es rappelvoll. 

Die Menge, die sich dort versammelt hat, ist ein Querschnitt der Gesellschaft: Jugendliche, Erwachsene, Rentner – alle Altersgruppen sind vertreten. Viele Teilnehmer haben Schilder dabei. Sprüche wie „Hass ist keine Alternative“, „Nazis essen heimlich Döner“ oder „Wenn die AfD die Antwort ist, wie dumm war dann die Frage?“ sind zu lesen. 

Der Protest der Menschen richtet sich einmal mehr vorwiegend gegen die rechtspopulistische Partei - und die in weiten Teilen von ihr vertretenen politischen Ansichten und Werte. Stichwort: „Remigration“. „Man muss sich gegen Rechtsextremismus wehren – in jeder Form. Darum sind wir heute hier, darum machen wir bei der Demo mit“, sagen Hannah und Greta. Die eine ist 15, die andere 16 Jahre alt. 

Breites Bündnis 

Auf die Beine gestellt hat die Demo abermals ein breites Bündnis verschiedener Gruppe und Organisationen, etwa der Verein International, die Initiative 9. November, die Bünder St. Joseph- und die Lydia-Gemeinde. 

Waren es Ende Januar noch rund 1000 Menschen, die an gleicher Stelle gegen Rechtsextremismus Flagge zeigten, sind es an diesem sonnigen Samstag nach Angaben der Polizei und der Veranstalter etwas mehr als 500. Auch mit dieser Zahl zeigen sich die Organisatoren mehr als zufrieden. „Wenn man bedenkt, dass das die dritte Veranstaltung im Umkreis ist, ist das super. In Lübbecke war am Donnerstag viel los, in Löhne am Freitag ebenso. Es geht darum, dass die Leute in der Sache am Ball bleiben - und das hat geklappt“, zieht ein Sprecher der Initiative 9. November eine erste Bilanz. 

Demozug durch die City 

Neben verschiedenen Redebeiträgen und Live-Musik des Bünder Musikers Anton Klüter steht erneut ein Demozug durch die Innenstadt auf dem Programm. Eskortiert von Streifenwagen und mit musikalischer Untermalung - unter anderem dröhnt die Antis-Rechts-Hymne „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten aus den Lautsprechern eines Bullis - zieht die Masse der Demonstranten durch die City und die umliegenden Straßen. 

Ans Mikro treten an diesem Tag wieder verschiedene Redner: etwa Gerrit Eliaß vom DGB („Die AfD ist keine Alternative, sondern eine Gefahr. Sie will die gesetzlichen Renten schwächen und die Altersvorsorge am liebsten ganz privatisieren“) oder Nancy Partzsch von der Initiative 9. November („Wir müssen Rassismus und rechter Hetze immer und jeden Tag entgegenstehen“). 

Ulrich Martinschledde, Gemeindereferent der katholischen St.-Joseph-Gemeinde, und Pfarrer Rainer Wilmer von der evangelischen Lydia-Gemeinde melden sich zu Wort, tragen eine zehn Thesen umfassende ökumenische Grundsatzerklärung gegen Rechtsextremismus vor, gegen Gewalt, Hass und Hetze. Nach ihrer Teilnahme an der letzten Demo in Bünde hätten sie auch negative Rückmeldungen bekommen: „Umso wichtiger ist es, dass wir heute wieder hier sind!“, so die Kirchenvertreter: „Unser Kreuz hat keine Haken!“ 

Weitere Aktionen 

Andrea Sen von der Aleviten-Gemeinde berichtet von den Sorgen ihrer Tochter, dass ihr Vater in die Türkei abgeschoben werden könne, bezieht sich dabei auf das vom Recherche-Netzwerk „Correctiv“ aufgedeckte Geheimtreffen in Potsdam. AfD-Funktionäre, Rechtsextreme und CDU-Mitglieder der Werteunion sollen dort unter anderem über die Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen haben. Die Berichterstattung darüber hatte deutschlandweit eine Protestwelle gegen Rechtsextremismus ausgelöst. 

Ob es die vorerst letzte Demo zu dem Thema in der Elsestadt ist, lassen die Organisatoren offen. „Wir planen aber künftig auch andere Aktionen, etwa Infoveranstaltungen, wollen Netzwerke schaffen, mit Menschen ins Gespräch kommen“, so Emma Rohwetter vom Jugendzentrum Villa Bünde. 

Laut Polizei bleibt während der Protestaktion alles ruhig. Weil aber erneut weit mehr Teilnehmer bei der Demo dabei sind als ursprünglich angemeldet, machen die Beamten die Kaiser-Wilhelm-Straße zwischen Bismarckstraße und der Einfahrt zur Pauluskirche kurzzeitig dicht. Gegen 13.30 Uhr ist die Veranstaltung - planmäßig - beendet. Danach gehört die Fußgängerzone wieder den Passanten, die Eis essen und durch die Läden bummeln.