Trotz des bevorstehenden Abrisses nutzt der Verein das Dietrich-Bonhoeffer-Haus weiter für seine Arbeit. Das stößt vor allem bei der CDU auf Unverständnis – denn laut Verwaltung gibt es eine Alternative.

Von Shannon-Lee Bendig

Bünde. Die finanzielle Förderung des Verein International sorgte in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Soziales und Integration für Diskussionen. Der Verein, der sich für die Integration von Geflüchteten einsetzt, hatte die Fortsetzung der finanziellen Unterstützung für 2024 bei der Stadt beantragt. „Zum einen geht es dabei um den jährlichen Sockelbetrag von 1.200 Euro, der bereits in den Vorjahren regelmäßig aus der Stadtkasse gezahlt wurde“, heißt es in dem Antrag.

Zum anderen hatte der Verein die Stadt ebenfalls gebeten, die Nutzungskosten des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses an der Wehmstraße zu übernehmen. Die Räumlichkeiten, die der Lydia-Gemeinde gehören, dienen zurzeit als Vereinssitz. Ihre Nutzung kostet laut Aussage des Vereins 2.000 Euro im Quartal. Insgesamt ging es also um eine Summe von 9.200 Euro, die der Verein bei der Stadt beantragt hatte.

Dafür gab es Gegenwind von der CDU-Fraktion. Insbesondere wegen der Nutzung des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses. Wie mehrfach berichtet, soll das bald abgerissen werden. Jüngst hatte Rainer Alexander, Baukirchmeister der Lydia-Gemeinde, gegenüber der NW gesagt, dass sich der Abriss auf Anfang 2025 verschiebe. In der Sitzung des Sozialausschusses sagte Ulrich Papke, Vorsitzender des Verein International, hingegen, ihm sei mitgeteilt worden, dass im August/September dieses Jahres mit dem Rückbau begonnen werde.

Wegen des bevorstehenden Abrisses wurde der Verein im Februar 2023 vom Sozialausschuss beauftragt, sich um einen neuen Vereinssitz zu bemühen. „Wir haben uns vergangenes Jahr geeinigt, dass die Förderung letztmalig ist“, sagte Michael Meise-Reckefuß (CDU) in der Sitzung. Man habe erwarten können, dass der Verein in der Zwischenzeit eine Lösung gefunden hat „und nicht jetzt im März den Antrag für 2024“ stellt.

Laut Papke seien die Bemühungen um einen neuen Vereinssitz allerdings erfolglos geblieben, weshalb sie das Dietrich-Bonhoeffer-Haus weiterhin nutzen müssten – bis zum Abriss. „Bisher sind die Kosten dafür aber nicht gesichert“, sagte Papke in der Ausschusssitzung. Lediglich die Kosten für das erste Quartal habe der Verein tragen können.

Laut Verwaltung ist der Verein nicht auf die Räumlichkeiten der Lydia-Gemeinde angewiesen. „Nach wie vor besteht die Möglichkeit, die Räume im Community-Centre in Hunnebrock zu nutzen“, schrieb die Verwaltung in den Unterlagen zur Sitzung. „Die Alternative gibt es schon immer. Da gibt es zwei Schulungsräume. Der Verein würde nicht obdachlos werden“, ergänzte Stefan Bohnhorst, Sozialamtsleiter, in der Sitzung.

Papke zufolge sind die Räumlichkeiten im Community-Centre an der Kleiststraße als Vereinssitz ungeeignet. „Wir brauchen auf jeden Fall einen Büroraum, der auch für vertrauliche Gespräche genutzt werden kann“, sagte er. Der dafür vorgesehene Raum im Community-Centre sei mit seinen elf Quadratmetern zu klein dafür, da dort auch Kopierer und Equipment Platz haben müssten.

Außerdem, so Papke, könne der Verein seine Fahrradwerkstatt an der Kleiststraße nicht betreiben. Dort reparieren und lagern die Vereinsmitglieder Fahrräder für Bedarfssuchende. Im Community-Centre sehe Papke keine Lagerungsmöglichkeit. Stefan Bohnhorst warf ein, dass dort allerdings Garagen frei seien, die der Verein dafür nutzen könnte.

„Man kann über das Für und Wider sicherlich diskutieren“, sagte Christian Rüter (SPD). „Man kann aber auch sagen, dass Situation des Vereins endlich ist“, ergänzter er und bezog sich damit auf den bevorstehenden Abriss des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses. Der Verein könne seinen aktuellen Sitz nur noch in diesem Jahr nutzen. „Wir sprechen also über eine Zeit, die überschaubar ist“, sagte Rüter. Dennoch seien die 2.000 Euro Förderung pro Quartal für die SPD-Fraktion „die Oberkante“.

Dem schloss sich die Grünen-Fraktion an. „Der Verein bemüht sich ja um eine neue Örtlichkeit“, sagte Christian Kowalewsky (Grüne). SPD und Grüne stimmten schließlich dem Antrag zur Förderung bis zum dritten Quartal dieses Jahres zu. Die Mitglieder der CDU-Fraktion enthielten sich mehrheitlich. Zudem gab es drei Gegenstimmen. Die weitere Förderung des Vereins ist damit zunächst gesichert. „Sollte es andere Entwicklungen geben in Bezug auf Bonhoeffer-Haus, werden wir die in der Sitzung im Juni nochmal besprechen“, so Oliver Uhlich.

 

500 Menschen bei Demo gegen Rechtsextremismus – Kirchenvertreter verlesen Grundsatzerklärung

Von Daniel Salmon

BÜNDE (WB). Die Sonne lacht vom Himmel, es sind 15 Grad, in der Bünder City essen Passanten Eis - und mehr als 500 Menschen demonstrieren gegen Faschismus und Rechtsextremismus. 

Nur zögerlich füllt sich am Samstagmittag der Tönnies-Wellensiek-Platz inmitten der Innenstadt. Kaum mehr als 50 Männer und Frauen haben sich gegen 11.45 Uhr auf der großen Fläche vor der dortigen Sparkassen-Filiale eingefunden. Doch das soll sich rasch ändern. 20 Minuten später ist es rappelvoll. 

Die Menge, die sich dort versammelt hat, ist ein Querschnitt der Gesellschaft: Jugendliche, Erwachsene, Rentner – alle Altersgruppen sind vertreten. Viele Teilnehmer haben Schilder dabei. Sprüche wie „Hass ist keine Alternative“, „Nazis essen heimlich Döner“ oder „Wenn die AfD die Antwort ist, wie dumm war dann die Frage?“ sind zu lesen. 

Der Protest der Menschen richtet sich einmal mehr vorwiegend gegen die rechtspopulistische Partei - und die in weiten Teilen von ihr vertretenen politischen Ansichten und Werte. Stichwort: „Remigration“. „Man muss sich gegen Rechtsextremismus wehren – in jeder Form. Darum sind wir heute hier, darum machen wir bei der Demo mit“, sagen Hannah und Greta. Die eine ist 15, die andere 16 Jahre alt. 

Breites Bündnis 

Auf die Beine gestellt hat die Demo abermals ein breites Bündnis verschiedener Gruppe und Organisationen, etwa der Verein International, die Initiative 9. November, die Bünder St. Joseph- und die Lydia-Gemeinde. 

Waren es Ende Januar noch rund 1000 Menschen, die an gleicher Stelle gegen Rechtsextremismus Flagge zeigten, sind es an diesem sonnigen Samstag nach Angaben der Polizei und der Veranstalter etwas mehr als 500. Auch mit dieser Zahl zeigen sich die Organisatoren mehr als zufrieden. „Wenn man bedenkt, dass das die dritte Veranstaltung im Umkreis ist, ist das super. In Lübbecke war am Donnerstag viel los, in Löhne am Freitag ebenso. Es geht darum, dass die Leute in der Sache am Ball bleiben - und das hat geklappt“, zieht ein Sprecher der Initiative 9. November eine erste Bilanz. 

Demozug durch die City 

Neben verschiedenen Redebeiträgen und Live-Musik des Bünder Musikers Anton Klüter steht erneut ein Demozug durch die Innenstadt auf dem Programm. Eskortiert von Streifenwagen und mit musikalischer Untermalung - unter anderem dröhnt die Antis-Rechts-Hymne „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten aus den Lautsprechern eines Bullis - zieht die Masse der Demonstranten durch die City und die umliegenden Straßen. 

Ans Mikro treten an diesem Tag wieder verschiedene Redner: etwa Gerrit Eliaß vom DGB („Die AfD ist keine Alternative, sondern eine Gefahr. Sie will die gesetzlichen Renten schwächen und die Altersvorsorge am liebsten ganz privatisieren“) oder Nancy Partzsch von der Initiative 9. November („Wir müssen Rassismus und rechter Hetze immer und jeden Tag entgegenstehen“). 

Ulrich Martinschledde, Gemeindereferent der katholischen St.-Joseph-Gemeinde, und Pfarrer Rainer Wilmer von der evangelischen Lydia-Gemeinde melden sich zu Wort, tragen eine zehn Thesen umfassende ökumenische Grundsatzerklärung gegen Rechtsextremismus vor, gegen Gewalt, Hass und Hetze. Nach ihrer Teilnahme an der letzten Demo in Bünde hätten sie auch negative Rückmeldungen bekommen: „Umso wichtiger ist es, dass wir heute wieder hier sind!“, so die Kirchenvertreter: „Unser Kreuz hat keine Haken!“ 

Weitere Aktionen 

Andrea Sen von der Aleviten-Gemeinde berichtet von den Sorgen ihrer Tochter, dass ihr Vater in die Türkei abgeschoben werden könne, bezieht sich dabei auf das vom Recherche-Netzwerk „Correctiv“ aufgedeckte Geheimtreffen in Potsdam. AfD-Funktionäre, Rechtsextreme und CDU-Mitglieder der Werteunion sollen dort unter anderem über die Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen haben. Die Berichterstattung darüber hatte deutschlandweit eine Protestwelle gegen Rechtsextremismus ausgelöst. 

Ob es die vorerst letzte Demo zu dem Thema in der Elsestadt ist, lassen die Organisatoren offen. „Wir planen aber künftig auch andere Aktionen, etwa Infoveranstaltungen, wollen Netzwerke schaffen, mit Menschen ins Gespräch kommen“, so Emma Rohwetter vom Jugendzentrum Villa Bünde. 

Laut Polizei bleibt während der Protestaktion alles ruhig. Weil aber erneut weit mehr Teilnehmer bei der Demo dabei sind als ursprünglich angemeldet, machen die Beamten die Kaiser-Wilhelm-Straße zwischen Bismarckstraße und der Einfahrt zur Pauluskirche kurzzeitig dicht. Gegen 13.30 Uhr ist die Veranstaltung - planmäßig - beendet. Danach gehört die Fußgängerzone wieder den Passanten, die Eis essen und durch die Läden bummeln. 

 Schulter an Schulter gegen Faschismus!“: Breites Bündnis formiert sich für Protest am 27. Januar

Von Daniel Salmon

BÜNDE (WB). Minden, Bielefeld, Paderborn: In den vergangenen Tagen sind in OWL tausende Menschen bei Anti-AfD-Protesten auf die Straße gegangen. Und auch in Bünde ist für Samstag, 27. Januar, eine Demo gegen Rechtsextremismus geplant. 

Es könnte die zweite größere Kundgebung im Kreis Herford zu dem Thema in den kommenden Tagen werden. Wie berichtet, hat die SPD im Wittekindskreis gemeinsam mit einem Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen und Organisationen für diesen Freitagabend, 26. Januar, zu einer Demo auf dem Herforder Rathausplatz aufgerufen. Gerechnet wird mit bis zu 1000 Teilnehmern. 

Auslöser für die beiden Veranstaltungen – sowie für weitere Demos bundesweit, an denen in den vergangenen Tagen schon mehr als eine Million Menschen teilgenommen hatten – waren die Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv über ein Treffen von Rechtsextremisten Ende November vergangenen Jahres in Potsdam. Daran hatten neben AfD-Politikern auch CDU-Mitglieder und Vertreter der Werteunion teilgenommen. Die bekannt gewordenen Inhalte des Geheimtreffens – unter anderem waren unter dem Stichwort „Remigration“ Pläne für die Vertreibung von Ausländern aus Deutschland thematisiert worden – hatten deutschlandweit für Empörung gesorgt. Anti-AfD-Demos landauf, landab waren die Reaktion darauf. 

Und auch in Bünde soll nun – einmal mehr – Flagge gegen rechte Strömungen gezeigt werden. In den sozialen Netzwerken im Internet kursiert seit Anfang der Woche ein Aufruf für eine Protestkundgebung, die am Samstag, 27. Januar, gegen 12 Uhr am Tönnies-Wellensiek-Platz starten soll. Das Motto der Veranstaltung lautet demnach „Schulter an Schulter gegen Faschismus! Rechtsruck und rassistische Hetze stoppen!“. Getragen wird die Demo von der Villa Bünde, der Alevitischen Gemeinde, dem Verein International, der Initiative 9. November, den Parents for Future, der katholischen sowie der evangelisch-lutherischen Gemeinde und dem Bündnis gegen Rechts im Kreis Herford. 

Laut einem Sprecher Initiative 9. November würden die Veranstalter mit rund 100 Teilnehmern rechnen: „Allerdings ist das ein Blick in die Glaskugel.“ Denn es sei nicht unwahrscheinlich, dass auch deutlich mehr Menschen den Protest unterstützen würden. 

Demo-Zug durch die City 

Den Organisatoren sei es zudem wichtig, dass die Veranstaltung als Veranstaltung verstanden werde, zu der eben nicht einzelne Parteien aufrufen. „Als Teil der Zivilgesellschaft sind Mitglieder von Parteien natürlich herzlich willkommen. Uns ist es aber wichtig, dass solche Veranstaltungen eben direkt aus der Mitte unserer Gemeinschaft kommen“, so der Sprecher. Und er ergänzt: „Wir hoffen, dass sich möglichst viele Leute an der Aktion beteiligen und ein deutliches Zeichen gegen das Erstarken des Faschismus und für eine offene und solidarische Gesellschaft setzen.“ Im Anschluss an eine Kundgebung am Tönnies-Wellensiek-Platz sei dann ein Demo-Zug durch die Bünder City geplant. 

Für den katholischen Gemeindereferenten Ulrich Martinschledde sei es selbstverständlich, dass sich auch die Kirche an einer solchen Aktion beteiligt. „Bei so einer gesellschaftlichen Bewegung sollten wir uns als Christen beteiligen“, erklärt er und betont, dass Hass und Hetze in einer demokratisch verfassten Gesellschaft keine Optionen seien. 

Bis zum gestrigen Dienstagnachmittag (23. Januar) lag der Herforder Kreispolizeibehörde noch keine Anmeldung für die am kommenden Samstag geplante Anti-Rechts-Demo in Bünde vor. Erst am Nachmittag bestätigte Behördensprecherin Simone Lah-Schnier: „Die entsprechenden Unterlagen sind nun auf postalischem Wege bei uns eingegangen.“ Ob und welche Auflagen die Veranstalter der Versammlung erfüllen müssen, ist somit noch unklar. 

 

 

Mit deutlichen Worten zogen Jung und Alt durch die Stadt. Die Organisatoren waren ursprünglich von nur 100 Teilnehmern ausgegangen.

Von Shannon-Lee Bendig

Bünde.
Rund 1.000 Menschen setzten am vergangenen Wochenende in Bünde ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Hass. Gemeinsam zogen sie am Samstag, 27. Januar, durch die Innenstadt. Unter dem Motto „Schulter an Schulter gegen Faschismus“ hatte ein breites Bündnis aus der Zivilgesellschaft Anfang der Woche zur Demonstration aufgerufen. Ursprünglich hatten die Organisatoren 100 Teilnehmer für die Demo angemeldet. Diese Zahl hatten sie aber bereits in den vergangenen Tagen zunächst auf 200 und dann auf 350 hoch korrigiert.

Das hat es in 40 Jahren nicht gegeben“ 

Dass schließlich 1.000 Leute dem Demo-Aufruf gefolgt sind, hat die Erwartungen aller Beteiligten übertroffen. „Das hat es in dieser Größenordnung in Bünde in den letzten 40 Jahren nicht gegeben“, sagte ein Sprecher der Initiative 9. November, der nicht namentlich genannt werden möchte. Hintergrund des Aufrufs waren vor allem die kürzlich bekanntgewordenen „Deportationspläne von AfD, Identitären und anderen völkisch-nationalistischen Kräften“, wie die Veranstalter in ihrer Ankündigung schrieben. Das Recherche-Netzwerk „Correctiv“ hatte ein Treffen von rechtsextremen Aktivisten mit Politikern von AfD und CDU in Potsdam publik gemacht. Laut „Correctiv“ ging es dabei um einen „Geheimplan Deutschland“ zur Abschiebung von Millionen Menschen aus Deutschland, vor allem solchen mit Migrationshintergrund. Seither gab es bundesweit zahlreiche Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Die große Beteiligung in der Zigarrenstadt und auch in ganz Deutschland zeige, dass die Menschen keine Lust auf Faschisten haben, sagte der Sprecher der Initiative 9. November. „Wir wollen eine sozial gerechte Gesellschaft, die AfD will das zerstören. Aber die Zivilgesellschaft schlägt zurück.“ 

Die Veranstaltung in Bünde startete um 12 Uhr mit einer Kundgebung am Tönnies-Wellensiek-Platz. Unter immer wiederkehrendem, lautem Applaus der Demo-Teilnehmer hielten Vertreter der verschiedenen Initiativen, Bürgermeisterin Susanne Rutenkröger sowie weitere Einzelpersonen Reden. Sie alle appellierten an die Bürger, sich gegen Rechtsextremismus und Faschismus aufzustellen – und fanden dabei auch deutliche Worte für die AfD. „Wir sind bunt statt braun“, sagte Andrea Sen von der Alevitischen Gemeinde Bünde. „Die AfD ist keine Alternative für eine friedliche, bunte Zukunft in Deutschland. Sie wird uns nur in das Jahr 1933 zurückführen.“ 

Auch Hussien Khedr, stellvertretender Bundesvorsitzender der AG Migration und Vielfalt in der SPD, war bei der Demo in Bünde vor Ort und rief die Menschen zu aktivem Handeln auf: „Lasst uns geschlossen auftreten, lasst uns unsere Stimmen erheben und sicherstellen, dass unsere Gesellschaft ein Ort der Akzeptanz und des Respekts bleibt. Heute, morgen und immer.“ 

Unter Polizeischutz durch die Stadt

Gegen 13 Uhr machten sich die Teilnehmer in einem Demonstrationszug unter Polizeischutz auf den Weg durch die Innenstadt über die Kaiser-Wilhelm-Straße zum Marktplatz, von dort über die Hangbaumstraße zum Museumsplatz und über die Eschstraße wieder zurück zum Ausgangspunkt. Auch in der Fußgängerzone hielt der Zug noch einmal für weitere Kundgebungen an. Dort sprach unter anderem Alex Bradatsch, der die aktuelle Rechtsbewegung aus seiner Perspektive als Transmann schilderte. „Es ist sehr schwierig geworden. Ich habe von Leuten gehört, die zusammengeschlagen wurden, weil sie ’Trans aussahen’“, berichtete er vor den rund 1.000 Zuschauern. Transmännern wurde bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen, sie identifizieren sich jedoch als Männer.

Ulrich Martinschledde vertrat die St. Joseph-Kirche und die Lydia Gemeinde Bünde bei der Kundgebung. Er erinnerte an die Rolle der Kirche zu Zeiten des Nationalsozialismus’. „Damals hat die Kirche leider oft geschwiegen“, sagte er. Umso wichtiger sei es, dass die Kirchen sich heutzutage an einem Schulterschluss gegen Rassismus beteiligen. 

Nach gut zwei Stunden beendete Organisatorin Nancy Partzsch von der Villa Bünde die Veranstaltung mit einem großen Dank an alle Beteiligten. Ihr Fazit: „Es ist super gelaufen. Wir haben bei Weitem nicht mit so vielen Leuten und Redebeiträgen gerechnet.“ Doch mit dem Ende der Demo sei es nicht mit der politischen Arbeit der Initiativen getan, betont sie. Sie wollen weiter mit Veranstaltungen über politische Themen aufklären. 

Zu den Organisatoren der Veranstaltung zählen die Villa Bünde, die Alevitische Gemeinde Bünde, der Verein International, die Initiative 9. November, Parents for Future Bünde, die St. Joseph-Kirche Bünde, die Lydia Gemeinde Bünde, das Bündnis gegen Rechts im Kreis Herford und der DGB Bünde. 

Wie Andreas Holdmann, Einsatzleiter der Polizei, mitteilte, verlief die Demonstration durchweg friedlich. Die Zusammenarbeit mit den Veranstaltern sei gut verlaufen, wenngleich auch die Beamten von der hohen Teilnehmerzahl überrascht waren. „Glücklicherweise waren wir mit erfahrenen Kollegen vor Ort und konnten flexibel reagieren“, sagt Holdmann. Damit die Demonstranten sicher durch die Stadt ziehen konnten, wurden die betroffenen Straßen durch die Beamten gesperrt. Da der Bereich gut zu umfahren war, blieb ein Verkehrschaos laut Holdmann aber aus. Auch die Polizei schätzt die Teilnehmerzahl auf 800 bis 1.000.

 

 

 

 

Das Maikomitee beschäftigt sich beim Erinnern an die Reichspogromnacht auch mit der lokalen Gedenkpraxis und erntet dafür nicht nur Zustimmung.

Von Ralf Bittner

Bünde. Rund 70 Menschen, so viele wie lange nicht mehr, waren der Einladung des Maikomitees Bünde zum abendlichen Gedenken an die ermordeten Bünder Jüdinnen und Juden unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt!“ gefolgt. Am 85. Jahrestag der Reichspogromnacht wurde nicht nur an die deutschlandweite Zerstörung von Synagogen und jüdischen Geschäften, Verhaftungen und ersten Toten und die damit beginnende Vernichtung jüdischen Lebens im Deutschen Reich erinnert, sondern auch lieb gewonnene Selbstgewissheiten der Vergangenheitsbewältigung in Frage gestellt. 

Anlass dafür war ein zweiter „runder“ Jahrestag, die Einweihung des Mahnmals für die ermordeten Bünder Jüdinnen und Juden auf dem alten jüdischen Friedhof am Marktplatz. Das war vor 35 Jahren am 9. November 1988, zum 50. Jahrestag der Reichspogromnacht, eingeweiht worden und sowohl vor und nach der Einweihung umstritten. Da 1989, dem 1. Jahrestag der Einweihung, von der Stadt nur ein Kranz abgelegt worden sei, wurden ab 1990 vom Verein International, Deutschem Gewerkschaftsbund und dem Jugendzentrum Villa Kunterbunt gemeinsamen Gedenkveranstaltungen organisiert. Erst seit dem Jahr 2000 gebe es auch vormittags eine von der Stadt organisierte Veranstaltung, ebenfalls am Mahnmal. 

Beide Veranstaltungen haben bisher immer am Mahnmal stattgefunden und zeichneten sich durch einen beinahe ritualisierten Ablauf aus“, sagte Jonas Blum, der das abendliche Gedenken moderierte. Das begann diesmal nicht am Markt, sondern am Standort der zerstörten Synagoge, Eschstraße 10. „Das Gedenken gehört für uns an den Ort, der für das frühere jüdische Leben steht, und in die Innenstadt – dorthin, wo es auch wahrgenommen werden kann.“ 

Ein Sprecher der „Initiative 9. November“ zeichnete die lokale Geschichte von Ausgrenzung und Vernichtung jüdischen Lebens in Bünde nach, die nicht erst 1938, sondern schon 1933 mit dem nicht nur von der SA, sondern auch von Teilen der Kaufmannschaft getragenen Boykott jüdischer Geschäfte begonnen hatte. Aus der Tatsache, dass die meisten mitgemacht oder weggeschaut haben, folge die Notwenigkeit zur Politisierung des Gedenkens, das den „Widerstand gegen antisemitische und rassistische Verhältnisse heute“ einschließen müsse, so der Sprecher weiter. 

Das schließe auch die „kritische Auseinandersetzung“ mit der sogenannten „Vergangenheitsbewältigung“ ein. Das Schweigen über Shoa und Nationalsozialismus in der jungen Bundesrepublik war Thema, ebenso die kaum stattgefundene Verfolgung von Täterinnen und Tätern, die in der BRD sogar Karriere bis in höchste Ämter machen konnten. Die Erwähnung des SPD-Bundeskanzlers Helmut Schmidt in dieser Reihe, sorgte jedoch für Kopfschütteln und Zwischenrufe. 

Auch in der ab den 1980er Jahren einsetzenden Phase der „Bewältigung“ sei „über alles geredet, aber nichts begriffen“ worden. Sie sei befeuert durch den Mauerfall von 1989 vielmehr zur Basis eines neuen Patriotismus geworden, der es möglich mache, nicht „trotz, sondern wegen Auschwitz“ wieder „stolz auf Deutschland“ sein zu können.

Der zweite Teil der Rede beschäftigte sich mit einem bis weit in die Linke hinein „heißen“ Thema, dem nach dem „antisemitischen Angriff auf den Staat Israel“ wiederaufkommenden als „Israelkritik“ verschleierten Antisemitismus und weiteren aktuellen Themen wie der „Zeitenwende“ in einem Deutschland, dass sich wieder in die Konflikte der Welt einmische. Rassistische Polizeichats oder die Übernahme von AfD-Parolen in der aktuellen Debatte um erneute Verschärfungen des Asylrechts, zeigten, dass eben nichts aus der Geschichte gelernt worden sei, so der Sprecher. 

Nachdem unterwegs an einigen Stolpersteinen an die Einzelschicksale einiger der ermordeten Jüdinnen und Juden aus Bünde erinnert worden war, endet das Gedenken am Mahnmal am Marktplatz. Die Sprecherin hier hinterfragte ebenfalls die bisherigen Formen des Erinnerns und Gedenkens in Bünde als Teil der bisher gepflegten „Erinnerungskultur“, allerdings verbunden mit der Einladung zu Diskussion. Ob und wie sie aufgenommen wird, muss sich zeigen.
(Ende des Pressetextes)
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