500 Menschen bei Demo gegen Rechtsextremismus – Kirchenvertreter verlesen Grundsatzerklärung
Von Daniel Salmon
BÜNDE (WB). Die Sonne lacht vom Himmel, es sind 15 Grad, in der Bünder City essen Passanten Eis - und mehr als 500 Menschen demonstrieren gegen Faschismus und Rechtsextremismus.
Nur zögerlich füllt sich am Samstagmittag der Tönnies-Wellensiek-Platz inmitten der Innenstadt. Kaum mehr als 50 Männer und Frauen haben sich gegen 11.45 Uhr auf der großen Fläche vor der dortigen Sparkassen-Filiale eingefunden. Doch das soll sich rasch ändern. 20 Minuten später ist es rappelvoll.
Die Menge, die sich dort versammelt hat, ist ein Querschnitt der Gesellschaft: Jugendliche, Erwachsene, Rentner – alle Altersgruppen sind vertreten. Viele Teilnehmer haben Schilder dabei. Sprüche wie „Hass ist keine Alternative“, „Nazis essen heimlich Döner“ oder „Wenn die AfD die Antwort ist, wie dumm war dann die Frage?“ sind zu lesen.
Der Protest der Menschen richtet sich einmal mehr vorwiegend gegen die rechtspopulistische Partei - und die in weiten Teilen von ihr vertretenen politischen Ansichten und Werte. Stichwort: „Remigration“. „Man muss sich gegen Rechtsextremismus wehren – in jeder Form. Darum sind wir heute hier, darum machen wir bei der Demo mit“, sagen Hannah und Greta. Die eine ist 15, die andere 16 Jahre alt.
Breites Bündnis
Auf die Beine gestellt hat die Demo abermals ein breites Bündnis verschiedener Gruppe und Organisationen, etwa der Verein International, die Initiative 9. November, die Bünder St. Joseph- und die Lydia-Gemeinde.
Waren es Ende Januar noch rund 1000 Menschen, die an gleicher Stelle gegen Rechtsextremismus Flagge zeigten, sind es an diesem sonnigen Samstag nach Angaben der Polizei und der Veranstalter etwas mehr als 500. Auch mit dieser Zahl zeigen sich die Organisatoren mehr als zufrieden. „Wenn man bedenkt, dass das die dritte Veranstaltung im Umkreis ist, ist das super. In Lübbecke war am Donnerstag viel los, in Löhne am Freitag ebenso. Es geht darum, dass die Leute in der Sache am Ball bleiben - und das hat geklappt“, zieht ein Sprecher der Initiative 9. November eine erste Bilanz.
Demozug durch die City
Neben verschiedenen Redebeiträgen und Live-Musik des Bünder Musikers Anton Klüter steht erneut ein Demozug durch die Innenstadt auf dem Programm. Eskortiert von Streifenwagen und mit musikalischer Untermalung - unter anderem dröhnt die Antis-Rechts-Hymne „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten aus den Lautsprechern eines Bullis - zieht die Masse der Demonstranten durch die City und die umliegenden Straßen.
Ans Mikro treten an diesem Tag wieder verschiedene Redner: etwa Gerrit Eliaß vom DGB („Die AfD ist keine Alternative, sondern eine Gefahr. Sie will die gesetzlichen Renten schwächen und die Altersvorsorge am liebsten ganz privatisieren“) oder Nancy Partzsch von der Initiative 9. November („Wir müssen Rassismus und rechter Hetze immer und jeden Tag entgegenstehen“).
Ulrich Martinschledde, Gemeindereferent der katholischen St.-Joseph-Gemeinde, und Pfarrer Rainer Wilmer von der evangelischen Lydia-Gemeinde melden sich zu Wort, tragen eine zehn Thesen umfassende ökumenische Grundsatzerklärung gegen Rechtsextremismus vor, gegen Gewalt, Hass und Hetze. Nach ihrer Teilnahme an der letzten Demo in Bünde hätten sie auch negative Rückmeldungen bekommen: „Umso wichtiger ist es, dass wir heute wieder hier sind!“, so die Kirchenvertreter: „Unser Kreuz hat keine Haken!“
Weitere Aktionen
Andrea Sen von der Aleviten-Gemeinde berichtet von den Sorgen ihrer Tochter, dass ihr Vater in die Türkei abgeschoben werden könne, bezieht sich dabei auf das vom Recherche-Netzwerk „Correctiv“ aufgedeckte Geheimtreffen in Potsdam. AfD-Funktionäre, Rechtsextreme und CDU-Mitglieder der Werteunion sollen dort unter anderem über die Ausweisung von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen haben. Die Berichterstattung darüber hatte deutschlandweit eine Protestwelle gegen Rechtsextremismus ausgelöst.
Ob es die vorerst letzte Demo zu dem Thema in der Elsestadt ist, lassen die Organisatoren offen. „Wir planen aber künftig auch andere Aktionen, etwa Infoveranstaltungen, wollen Netzwerke schaffen, mit Menschen ins Gespräch kommen“, so Emma Rohwetter vom Jugendzentrum Villa Bünde.
Laut Polizei bleibt während der Protestaktion alles ruhig. Weil aber erneut weit mehr Teilnehmer bei der Demo dabei sind als ursprünglich angemeldet, machen die Beamten die Kaiser-Wilhelm-Straße zwischen Bismarckstraße und der Einfahrt zur Pauluskirche kurzzeitig dicht. Gegen 13.30 Uhr ist die Veranstaltung - planmäßig - beendet. Danach gehört die Fußgängerzone wieder den Passanten, die Eis essen und durch die Läden bummeln.