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Die helle Seite Syriens, NW 13.05.2019

Nicht einen Krisenherd, sondern den Herkunftsort einer faszinierenden Kultur präsentierte der Verein International im Bonhoeffer-Haus: v.l. Jawand Mas, Hosam Alibrahim, Keca Medya, Aram Hame und Vorsitzender Ulrich Papke

Von Philipp Tenta

Bünde. Selten konnte man Paul Verlaines Gedanken zur Poesie so konsequent umgesetzt erleben, wie bei dem vom Verein International organisierten Syrischen Kulturabend. Wenn Aram Hame arabische Dichtungenvorträgt, erlebt man vor allem Musik, ungleiche Rhythmen und zahllose Nuancen. Seine orientalische Rezitationskunst überträgt er auch auf die deutschen Übersetzungen, auch hier wird jedes Wort und jede Silbe zum klanglichen Erlebnis.

Für den Abend im Bonhoeffer-Haus hatte er zeitgenössische Texte syrischer Dichterinnen ausgewählt. Viele von ihnen bereits international anerkannt, alle mussten aus ihrer Heimat fliehen und leben mittlerweile in Deutschland. Gedichte, bei denen sich poetische Bildersprache mit klarer politischer Ansage verbinden. Hosam Alibrahim als Sänger und Oud-Spieler entführte in eine kontrastreiche Klangwelt, die uns heute faszinierend fremd erscheint, gleichzeitig aber auch den Ursprung unserer westlichen Musiktradition darstellt.

Besonders beeindruckend war die rhythmische Begleitung von Jawand Mas, der einer scheinbar simplen Handtrommel eine unermessliche Palette von Klangfarben entlocken kann, von der viele Schlagzeuger an einem ausgewachsenen Jazzset oft nur träumen können. Aram Hame ist jedoch nicht nur Mittler und Übersetzer von Literatur ins Arabische und Deutsche. Mit einem eigenen Gedicht über seine neue Heimatstadt Bünde verabschiedete er sich von seinen Zuhörern. Ein verblüffender Text, der vordergründig orientalisch und blumig ausgeschmückt erscheint, schnell aber mit unerwarteten Assoziationen und Zwischentönen zum Weiterdenken anregt.

Das Bonhoeffer-Haus war auch dieses Mal wieder brechend voll. Nach der literarischen und musikalischen Orientreise gab es, begleitet von Tee und syrischen Köstlichkeiten, Gelegenheit zu angeregtem, internationalen Gedankenaustausch. Als Überraschungsgast war zum Abschluss Keça Medya, Sängerin mit kurdischen Wurzeln zu erleben. Sowohl mit orientalischem Sologesang als auch im spontanen Miteinander mit den beiden Instrumentalisten endete so der Abend mit einer zusätzlichen Verzauberung.