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Empörung und Irritation, NW 17.06.2017

 

Jugendheim Ennigloh: Zusammenschluss der Bünder Künstler fühlt sich übergangen. Kritik kommt auch vom Verein International. Jugendheim soll in Kita umgewandelt werden

Von Thorsten Mailänder und Stefan Boscher

Bünde. Die Sprecherin des Kunst-Karrees, Birgitt Vogt, ist restlos bedient. Sie hat am vergangenen Dienstag aus der Neuen Westfälischen erfahren, dass das Jugendheim zum August kommenden Jahres zu einem Kindergarten umgebaut werden soll und anderen Gruppen nur noch bis Ende 2017 zur Verfügung steht.

Diese Vorgehensweise schlägt das städtische Jugendamt vor. Wie exklusiv berichtet, soll das Haus am Sportplatz in einen Kindergarten mit zwei Gruppen umgewandelt werden. Bisher dient das Jugendheim mehreren Vereinen und Institutionen als Unterkunft, neben dem Kunst-Karree unter anderem auch dem Bünder SV, einer Akkordeongruppe und Selbsthilfegruppen. Wie es für die Nutzer weitergehen soll, wenn der Jugendhilfeausschuss die Pläne am kommenden Dienstag (19 Uhr, Rathaus) absegnet, ist unklar.

KUNST-KARREE

Birgitt Vogt betont, dass sie seit mehr als 18 Jahren ehrenamtlich in der Stadt Bünde arbeitet. "Das Ennigloher Jugendheim stand immer im Mittelpunkt meiner Arbeit. Hier befand sich zunächst die Wichtelwerkstatt für die Weihnachtsmärkte am Dustholz und an der Laurentius-Kirche. Das Kunst-Karree hat hier bis heute seine Heimat. Der Vorplatz und das Gebäude bilden die zentralen Stellen beim Ennigloher Herbst", erzählt Vogt. Sie stört vor allem, dass im Vorfeld nicht mit ihr gesprochen worden sei: "Ein Anruf hätte genügt, um uns zu informieren", schimpft die Sprecherin des Kunst-Karrees. Sie ist der Meinung, dass der Ortsteil mit der Nutzungsänderung des Jugendheims seinen "letzten Austragungsort für kulturelle Veranstaltungen" verlieren würde.

Die inzwischen nicht mehr modernen Schafräume hielten die Städtepartnerschaften mit Leisnig in Sachsen und Jakobstad in Finnland am Leben. Zwar sei das Haus renovierungsbedürftig, so Vogt, sie selbst sei jedoch "vehement dafür, es für Sport, Kultur und Vereine in Ennigloh zu erhalten". Ihre Forderung: "Die betroffenen Gruppen müssen an einen Tisch. Ich hoffe, die Beschlussfassung des Jugendhilfeausschusses wird vertagt."

VEREIN INTERNATIONAL

Zwar unterstütze man die Absicht der Stadtverwaltung, "kurzfristig das Angebot an Kitaplätzen zu verbessern, auch im Hinblick auf die große Zahl von Flüchtlingskindern", schreibt Ulrich Papke. Einen möglichen Umzug des Vereins International vom Jugendheim Ennigloh an die Kleiststraße findet der stellvertretende Vorsitzende jedoch "höchst problematisch". Denn: "Den maßgeblichen Anteil unserer ehrenamtlichen Arbeit könnten wir am vorgeschlagenen Standort nicht weiterführen."

So wäre das wöchentlich angebotene Café am Donnerstagnachmittag in der bisherigen Form dort nicht zu ermöglichen. Derzeit begegnet sich im Jugendheim die Vielfalt an Religionen, Ethnien und Nationalitäten mit etwa 25 ehrenamtlichen Helfern. Bis zu 70 Besucher würden regelmäßig an dem Café teilnehmen, so Papke. Und weiter: "Eine Verlegung des Treffpunkts würde die Ghettoisierung des Hunnebrocker Viertels unterstützen."

Hingegen liege das Jugendheim "gerade in dieser Hinsicht ideal in relativer Nähe zu den Unterbringungen am Habighorster Weg, Steglitzer Straße, Asternstraße, Engelstraße und Behringstraße". In Hunnebrock gebe es keinen ausreichend großen Raum mit Cafécharakter, stattdessen würden "die kleineren Räume vielmehr eine Tendenz zur nationalen Gruppenbildung" fördern.

Zudem sei die langfristige Nutzung der Kleiststraße nicht geklärt, ein Umzug würde "wieder nur ein Provisorium bedeuten", so Papke. Und weiter: "Der Verein International appelliert an die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, dass keine Abstimmung erfolgt, solange keine annehmbaren Alternativen zur jetzigen Nutzung für alle beteiligten Initiativen von Bürgern und Gruppen ausgewiesen sind."

HISTORIE DES HAUSES

Das Jugendheim war bis vor einigen Jahrzehnten eine Jugendherberge. Als der Herbergsvater Hans Tuschmann vor etwa 30 Jahren in den Ruhestand ging, übernahm die Stadt Bünde das Haus mit den Übernachtungsmöglichkeiten. Der Fußballnachwuchs von Borussia Mönchengladbach, Arminia Bielefeld, VfL Osnabrück und Borussia Dortmund hat hier genächtigt. Unzählige Schulungen, Tagungen, Versammlungen und Lehrgänge haben im Ennigloher Jugendheim stattgefunden.