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Neue Heimat in Bünde: Eine Frau aus Tadschikistan will Vorbild sein, NW 30.09.2022

 

Nilufar Shukhievas Anstrengungen haben sich ausgezahlt – sie hat Deutsch gelernt und einen Job gefunden. Eine Ausstellung im Rathaus erzählt ihre und weitere Geschichten.

Von Pauline Maus

Als ich nach Deutschland kam, konnte ich kein Wort Deutsch“, sagt Nilufar Shukhieva. Mit ihrem Mann und vier kleinen Kindern musste sie damals aus ihrer Heimat, Tadschikistan, fliehen und fand in Bünde ein neues Zuhause. Heute, sechs Jahre später, spricht sie fließend Deutsch, hat einen Job und erzählt von ihren Anstrengungen, sich in Deutschland einzuleben. Damit möchte sie anderen Frauen Mut machen und zeigen, dass eine erfolgreiche Integration mit etwas Mühe für jede geflüchtete Frau möglich ist.

Es war nicht einfach“, beginnt Nilufar Shukhieva ihren Weg der vergangenen sechs Jahre ganz ungeschminkt zu erzählen. Viele Hürden machten es ihr nicht leicht. Eine davon war die fremde Sprache. Daher ihr erster Schritt: Deutsch lernen. „Ich wollte nicht nur Zuhause sitzen, ich wollte ein Vorbild für meine Kinder sein.“ Einen Sprachkursus bekam die heute 41-Jährige aber nicht auf Anhieb, denn es fehlte zunächst die Aufenthaltsgenehmigung. Beim Verein International Bünde fand sie eine ehrenamtliche Anlaufstelle und absolvierte dort einen Sprachkurs.

Ihr fünftes Kind kam kurz nach der Flucht in Deutschland zur Welt. „Heute ist meine kleinste Tochter schon fünf“, erzählt die Mutter stolz und berichtet, dass es nicht einfach war, Ausbildung und Familie unter einen Hut zu bringen. Nach dem Sprachkurs fand sie eine Ausbildungsstelle als Verkäuferin in einem Supermarkt. Kein Traumjob für Shukhieva, die in ihrer Heimat Mathelehrerin war. Trotzdem absolvierte sie die Ausbildung mit der Note drei. „Das war für mich wie eine Eins“, sagt die junge Frau rückblickend.

Nicht einfach: Ihr Kopftuch hat sie abgelegt

 Auch ein Stück ihrer Kultur und Religion musste Shukhieva für ihr Ankommen in Deutschland hinter sich lassen. Kein leichter Schritt, wie sie erzählt. Vor ihrer Ausbildung habe sie ein Kopftuch getragen. Ihr Mann hätte ihr allerdings dazu geraten, das Kopftuch abzulegen, um bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Das hat die fünffache Mutter viel Überwindung gekostet, wie sie erzählt: „Ich fühlte mich wie ohne Kleidung. Ich habe mich aber nach zwei Monaten daran gewöhnt.“

Die junge Frau spricht nicht nur Deutsch, sondern neben ihrer Muttersprache Tadschikisch auch Persisch, Afghanisch und Russisch. Mittlerweile arbeitet Nilufar Shukhieva im Ausländer- und Integrationsbüro in Herford. Dort hilft sie, auch ihrer Sprachbegabung wegen, derzeit vor allem den Geflüchteten aus der Ukraine, sich in Deutschland zurechtzufinden und die vielen Antragsformulare auszufüllen.

Arbeitet die Mutter bald wieder in ihrem Traumberuf?

Wenn man ein Ziel hat, kann man das auch erreichen“, ist sich Shukhieva sicher. Jedoch reiche es nicht, zu warten, dass jemand an die Haustür klopft und Hilfe anbietet. „Man muss sich selber Unterstützung suchen“, erklärt sie und möchte so andere Frauen motivieren, sich neue Dinge zu trauen. Deshalb habe sie auch im Rahmen des Projektes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Ostwestfalen-Lippe „Geschichten, die Frauen Mut machen“, ihre Geschichte erzählt.

Nilufar Shukhievas persönlicher Erfolgsweg ist noch nicht vorbei. „Hoffentlich darf ich bald in der Gesamtschule hier in Bünde wieder unterrichten“, sagt sie. Alle Unterlagen seien bei der zuständigen Behörde in Detmold eingereicht, es fehle nur noch die Bestätigung. Dann möchte sie geflüchtete Kinder aus der Ukraine unterstützen und ihnen Mathematik und Deutsch beibringen.

Ausstellung - "Geschichten, die Frauen Mut machen"

Die Ausstellung „Geschichten, die Frauen Mut machen“ kann noch bis einschließlich Donnerstag, 13. Oktober, zu den regulären Öffnungszeiten im Foyer des Bünder Rathauses besichtigt werden.Zudem zeigt ein Dokumentarfilm der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Ostwestfalen-Lippe die Geschichten einiger Migrantinnen aus dem Kreis Herford, die auch in der Ausstellung zu sehen sind.