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Bünde wird ein „sicherer Hafen“ für Flüchtlinge, NW Bünde 20.10.2021

Ein Gemeinschaftsantrag von SPD, Grünen und Linken zur Aufnahme von jugendlichen und unbegleiteten Flüchtlingen aus griechischen Auffanglagern wurde jetzt erneut leidenschaftlich diskutiert.

Von Gerald Dunkel

Bünde. Bereits im Frühjahr diskutierten die Mitglieder des Bünder Stadtrats teils heftig um einen gemeinschaftlichen Antrag von SPD, Grünen und Linke, nach dem die Stadt dem Bündnis „Städte sichere Häfen“ beitreten soll. Damals scheiterte der Antrag, weil auch Mitglieder der Antragsteller sowie die Bürgermeisterin das Thema zunächst in Fachausschüssen beraten wollten. In einem erneuten Versuch fiel der Beschluss dazu – wenn auch nur mit recht knapper Mehrheit. 

Bei dem Bündnis „Städte sichere Häfen“ geht es konkret darum, Flüchtlinge aus griechischen Auffanglagern aufzunehmen. Ursprünglich war dieses Städtebündnis dazu gedacht, ein Zeichen gegen die „Abschottungspolitik Europas zu setzen“. Ferner sollten Mittelmeerstaaten wie Italien und Griechenland die Aufnahme von in Seenot geratenen Flüchtlingen zusichern. 

Flüchtlingsaufnahme über die Zuweisungsquote hinaus 

In dem Antrag fordern die drei Fraktionen neben dem Beitritt der Stadt Bünde zu dem Bündnis ferner die Aufnahme von bis zu zehn minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen über die Zuweisungsquote hinaus. Darüber hinaus die Prüfung, inwieweit die zusätzliche Aufnahme von weiteren hilfsbedürftigen Personen aus den griechischen Auffanglagern möglich ist. Die letzten beiden der fünf Punkte sind mit Forderungen an die Bundesregierung verbunden. 

Ganz so lang wie im April dauerte die Debatte jetzt zwar nicht, sie zeigte aber, wie gegensätzlich die Meinungen sind. Schon im Frühjahr gab Oliver Uhlich (CDU) zu bedenken, dass es sich bei den unbegleiteten Flüchtlingen um traumatisierte junge Männer handele, die wesentlich mehr als nur eine Bleibe benötigen würden. Uhlich, der von Beruf Traumapädagoge ist, sagte: „Da kommen keine sechsjährigen Mädchen mit großen Kulleraugen.“ 

Uhlich machte schon in der ersten Debatte deutlich, dass die Einrichtungen, die traumatisierte Jugendliche nötig hätten, hierzulande bereits am Limit laufen würden. „Es gibt keine Therapieplätze und die Stadt Bünde besitzt die entsprechenden Einrichtungen auch nicht“, so der CDU-Ratsherr. Allerdings habe sich die Jugendhilfe Schweicheln bereiterklärt, eine Einrichtung zu schaffen. „Das wird aber noch eineinhalb bis zwei Jahre dauern“, so Uhlich. 

Hauptamtliche Politiker auf Fehler hinweisen“ 

Norbert Darnauer (UWG) schloss sich Oliver Uhlich an und machte sein Votum von Uhlichs Expertise abhängig. Ferner sieht Darnauer vor allem die Kosten: „Wir sprechen hier von Kosten in Höhe von 700.000 Euro. Ich erwarte von den Antragstellern, dass sie die entsprechenden Anträge stellen, um diese Summen in den kommenden Haushalt einzustellen. Es nützt nichts, Absichtserklärungen zu bekunden, sondern wir müssen diesen Beschluss dann auch umsetzen.“ 

Christian Rüter (SPD) sagte dazu, dass es vor allem darum gehe, Verantwortung für diese Menschen zu übernehmen. „Sollte es um Zahlen gehen, werden sich diese drei antragstellenden Fraktionen auch damit beschäftigten“, so Rüter. In Fachausschüssen sei dieses Thema diskutiert worden. „Im Jugendhilfeausschuss ist aber auch klar geworden, dass es kein Problem ist, entsprechende Einrichtungen zur Verfügung zu stellen“, sagte Rüter in Richtung Oliver Uhlich und ergänzte: „Es war allerdings keine Rede davon, dass es eineinhalb bis zwei Jahre dauern könnte.“ 

Ein "Antrag zum guten Gewissen" 

Für Martin Schuster (CDU) ist die Forderung der drei Antragsteller ein „Antrag zum guten Gewissen“. Letztlich hätte es eine Kommune selbst nicht in den Händen, wie viele unbegleitete Flüchtlinge sie zugewiesen bekomme. „Verantwortung kann man übernehmen, wenn man etwas auch selbst entscheiden kann“, so Schuster. In anderen Kommunen hätten die Räte zwar entschieden, dem Bündnis beizutreten und auch Flüchtlinge aufzunehmen, allerdings nicht, auch weitere Kosten zu übernehmen. 

Stefanie Janßen-Rickmann sei „vor Wut kurz vor dem Platzen“, wie sie sagte. 267 Städte seien diesem Bündnis beigetreten und die Bundesregierung will keine Verantwortung übernehmen. „Wer, wenn nicht wir, soll dann diese Verantwortung übernehmen? Wenn wir nicht als Kommunalpolitiker etwas tun und unsere hauptamtlichen Politiker auf ihre Fehler hinweisen, dann weiß ich nicht, wer das tun soll und wer dafür verantwortlich ist.“ 

Bei der Ratssitzung waren 41 der 48 Bünder Ratsmitglieder anwesend. Der Antrag von SPD, Grünen und Linken wurde mit 22 Ja-Stimmen gegen 17 Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen mehrheitlich beschlossen.